?Kafkas Verhltnis zur Verffentlichung seiner eigenen Texte war zwiespltig und voller Widersprche. Zwischen ffnung und Selbstversenkung, zwischen Lust an der Schrift, die vor der Welt erscheint, und der fast bewutlosen Hingabe an die ber das Papier gleitende Hand wird dies ?Zgern vor der Geburt? (Tagebucheintragung vom 24.1.1922) des Textes wahrnehmbar. Kafkas Werk mu im Zeichen solchen Zgerns zwischen Verhehlung und Publikation des Geschriebenen gelesen werden. Dieser ambivalente Gestus gehrt zum Wesen seines Schrei-bens wie seines Verhltnisses zur Welt. Das Spiel von Verkettung, Verwerfung und Textisolation, das die Manuskripte spielen, setzt sich fort, wenn Kafka sich schlielich doch zur Publikation entschlossen hat. So erwgt er, ,Heizer', ,Urteil' und , Verwandlung' unter dem Titel ,Die Shne' zu einem Band von Erzhlungen zu vereinen, verwirft diesen Plan und erprobt fr einen neuen, seinerseits flchtigen Augenblick die Zusammenstellung von ?Urteil', ?Verwandlung' und ,In der Strafkolonie' zu einem Sammelband ?Strafen?. So erprobt er in seinen Auf-zeichnungen nicht weniger als fnf verschiedene Kombinationen und Konfigurationen der fr den Sammelband ,Ein Landarzt' vorgesehenen Texte." Gerhard Neumann ?Es gestaltet sich in Kafkas Erzhlung ein ursprnglicher Trieb zur Gte aus, kein Ressentiment, sondern etwas von der verschtteten Leidenschaft des Kindesalters fr das Gute; jenes Gefhl aufgeregter Kindergebete und etwas von dem unruhigen Eifer sorgfltiger Schularbeiten und viel, wofr man keinen anderen Ausdruck als moralische Zartheit bilden kann. Die Forderungen an das, was man tun soll, werden hier von einem Gewissen gestellt, das nicht von ethischen Grundstzen getrieben wird, sondern von einer feinen, eindringlichen Reizbarkeit, welche fortwhrend kleine Fragen von groer Bedeutung entdeckt und an Fragen, die fr andre nur ein glatter, gleichgltiger Block sind, merkwr-dige Faltungen sichtbar macht." Robert Musil |